Aeneas Silvius Wankelmuth
Sterile Kunst
Serie bestehend aus über 150 eingeschweißten Objekten | Diplomausstellung Akademie der Bildenden Künste München | 23.03.2021
„Alles, was du dir vorstellen kannst, ist real.“ – Pablo Picasso




Die Welt hält Abstand, sie wirkt rein und unantastbar, während die Stille in der sich vergrößernden Distanz alles durchdringend laut wird. Die Kunst beendet das Schweigen, die Stille und die Sprachlosigkeit der Welt, ihr Verzicht auf Worte macht das Unsichtbare sichtbar, spricht das Unausgesprochene aus. Sie ist das Wort des Eigentlichen, der Satz des Tieferen, ein Exzess, dessen Grenzenlosigkeit die Überwindung von Regeln, Konstrukten und Kategorien bewirkt.
So sehr die Oberfläche auch verändert wird, das Dahinterliegende bleibt unberührt. Die Welt ist dystopisch, utopisch, destruktiv, konstruktiv, gefangen, frei. Gleichzeitig, in jedem Moment.
Sterile Kunst. Unfruchtbar und keimfrei, geistig unproduktiv und nicht schöpferisch. Das Verfahren der Sterilisation tötet die an Materialien haftenden Mikroorganismen ab, es zerstört Viren, Prionen, Plasmide und DNA-Fragmente. Die daraus resultierende Sterilität verbleibt oberflächlich, sie betrifft das Äußere der Gegenstände. Das Weggeworfene wird verpackt, ausgestellt, dargestellt. Hinter der sterilen Oberfläche vollzieht sich eine Umwandlung, der Inhalt wird unsteril und schöpferisch. Das Eigentliche erfährt seine Bedeutung, es wird konserviert und aufbewahrt. Die zum Verschwinden bestimmten Gegenstände werden zu Symbolen und Zeugen der Zumutungen und Lasten, unter denen die Welt langsam zerbricht.
Die Gegenstände sind umschlossen, ihre Hülle aber verbleibt transparent, sie ist durchlässig für den Blick des Betrachters, ohne eine tatsächliche Nähe herzustellen. Die Transparenz erzeugt eine mittelbare Relation. Sie verschleiert das Medium der Verbindung zwischen Werk und Betrachter – die verschwimmenden Grenzen der Trennung zwischen Außen und Innen, Oberfläche und Inhalt, Darstellung und Bedeutung.
Deep Surfaces
https://m.facebook.com/museomaaac.it
Zusammenarbeit der Künstler Maestro Govinda Gari (Klavier) und Aeneas Wankelmuth (Visuals) zur Thematik der Umweltverschmutzung der Meere
Wasser. Der Blick in die Tiefe ist klarer, deutlicher, konkreter als der Blick hinauf. Allein die Perspektive entscheidet zwischen unten und oben. Erst unter der Wasseroberfläche offenbart sich die Ambivalenz. Die Lebensnotwendigkeit und der Tod, das Lebendige und Schöne steht dem Zerstörerischen und Dystopischen gegenüber. Der Klavierspieler spielt still, die Töne verbleiben lautlos und verstummen dennoch nicht. Sie werden zum Ausdruck der Unabgeschlossenheit, Bewegung und Leichtigkeit, sie bilden den Gegensatz zur Schwere der Gegenstände als Ausdruck des Weggeworfenen und Leblosen. Die Gleichzeitigkeit des Utopischen und Dystopischen erschafft das Moment der den Raum erfüllenden Polarität.
Immersion. Ein von der Virtuellen Realität hervorgerufener Effekt, der die virtuelle Umgebung zu einer real empfundenen werden lässt. In Analogie zum Wasser zeichnet sich der virtuelle Raum durch das Gefühl einer Schwerelosigkeit, die prinzipielle Weite und suggerierte Uneingeschränktheit aus. Der Betrachter taucht ein. In Wasser, Raum und Kunst.
Das Eigentliche, das Dahinterliegende verschwindet nicht, seine Bedeutung zieht hinab, taucht auf, erzwingt es, gesehen zu werden. In ihr zeigt sich die Polarität des Ganzen, die niemals endende Ambivalenz, das unbedingte Zugleich von Schwarz und Weiß.
Wolfgang Moser
Menschen Affen Idioten
Malerei | beArt Galerie München | 23.07.2020
Krieg, Rassismus, Ideologien als Rechtfertigung der Transformation von Religion zu Terror, Missbrauch, Exzess, Gier, Egozentrismus.
Der Mensch ist die Personifikation des Bösen, er ist das Symbol von Vernichtung, Zerstörung und Gewalt.



Die Arbeiten des Münchener Künstlers Wolfgang Moser sind direkt, schonungslos, präzise, provokant, sie gehen an Grenzen. Im Fokus steht dabei der Mensch, welcher in Gestalt eines Affen in verschiedenste Kontexte eingebunden wird, wobei sich die dargestellten Szenerien insbesondere durch ihren Detailreichtum in Kombination mit oftmals fotorealistischen Elementen sowie eine harmonische Farbgebung auszeichnen.
Indem Moser in seinen Darstellungen mit vermeintlichen Tabus bricht, legt er das eigentlich Unmoralische radikal offen und eröffnet gleichzeitig eine doppelte Perspektive. Er macht das vormals Unsichtbare, aber dennoch nie Inexistente, wieder sichtbar und enttarnt den zugrundeliegenden Prozess der Verschleierung. Die den Werken inhärente Gesellschaftskritik entsteht im Moment der Konfrontation und Auseinandersetzung, was gleichermaßen für den Titel der Ausstellung entsprechend einer Ellipse gilt. Gefordert wird ein Betrachter, der hinsieht, hinterfragt, nachdenkt, der die Zwischenräume füllt und den Zusammenhang herstellt.
„Menschen Affen Idioten“ ist Kritik, Verweis, Forderung, Diskurs, Demaskierung, Appell. Es ist die Visualisierung einer vollkommenen Verkehrung. Der Mensch vergreift sich durch Rücksichtslosigkeit, Brutalität und Unvernunft an seiner Umwelt und erzeugt ein Ungleichgewicht, welches so dysfunktional und destruktiv ist, dass hieraus letztlich nur ein Rückschritt resultieren kann. Der Mensch bewirkt seinen eigenen Verfall und wird zum Idioten.
Cengiz Grauberger
In Memoriam an einen großartigen Künstler und Menschen, aber vor allem an einen wundervollen Freund
Somewhere… Sometime
Mixed Media | Einzelausstellung ED-8 München | 19.09.2020
Raum und Zeit. Sie bilden das Fundament der menschlichen Existenz sowie die Grenzen, innerhalb derer sich das Konkrete manifestiert. Als Resultat der Auflösung des Raum-Zeit-Kontinuums verbleiben lediglich das Diffuse, Abstrakte und Unbegreifliche. Es folgt die Entstehung einer unendlichen Leere und eines unerklärlichen, wenngleich dauerhaft präsenten Schmerzes, die gleichermaßen Antworten auf existentielle Fragen fordern.

Leere – Sie ist das direkte Resultat der Loslösung von Raum und Zeit, die Konsequenz des Defizits von Anfang und Ende. Bedeutung und Inhalt manifestieren sich stets im Dazwischen, ein Zwischenraum, der in der Erinnerung auch dann erhalten bleibt, wenn die Auflösung absolut geworden zu sein scheint. Das Bewusstsein schafft die Fiktion einer Leere, die endlos erscheint und dennoch irreal ist. Schmerz – Er entsteht im Gehirn und ist somit unabhängig von Raum und Zeit. Er ist das Sekundärphänomen auf der Ebene der Wahrnehmung, womit ihm stets eine Funktion inhärent ist. Schmerz verfügt über Sinnhaftigkeit, Schmerz ermangelt es an Intentionalität. Er wird zum intrinsischen Katalysator der Intentionalität des Subjekts, an das er Forderungen stellt. Universum – Die Metapher der Unendlichkeit, das Symbol des Diffusen und Unerklärlichen. Die Loslösung von Raum und Zeit verbleibt relativ. Das Universum breitet sich aus, verschwimmt in seiner eigenen Grenzenlosigkeit.
Der Schmerz entsteht in der Leere, ebenso wie die Leere den Schmerz füllt. Die fiktive Leere des Universums wird zur Analogie der fiktiven Leere der Gefühlswelt, losgelöst von Raum, Zeit und Wirklichkeit. Das Subjekt wird haltlos, im freien Fall verliert es sich, seine Existenz ist nicht mehr verortet, wird losgelöst aufgelöst.

Die Welten, die der Münchner Künstler, Grafikdesigner und Illustrator Boris Cengiz Grauberger mit seinem Malstil aus gemischten Medien entwirft, sind filigran, figurativ, farbintensiv und detailliert. Auch die Serie „Somewhere… Sometime“ ist aus verschiedenen Materialien wie Tusche, Acryl und Kupfer zusammengesetzt – und dennoch unterscheidet sie sich. Die Werke sind dunkel und abstrakt. Sie zeigen geometrische Formen, die sich in der Weitläufigkeit des Universums verlieren. Leere und Schmerz stehen dem Künstler gegenüber. Seine Kunst ist die ästhetisierte Antwort, sie modifiziert das Abstrakte zum Konkreten. Es entsteht ein Konglomerat aus verschiedenen Ebenen, die sich gegenseitig bedingen und miteinander wechselwirken. Hierbei bildet die Gefühlswelt das initiale Moment und die Ebene des Primärphänomens, das prinzipiell abstrakt und immateriell ist. Durch den Prozess der indirekten Materialisierung wandelt es sich zur Symbolik, sodass es entsprechend der Darstellung auf einer ästhetischen Ebene sichtbar wird. Gleichzeitig verfügen die Arbeiten über ein wissenschaftliches Fundament, womit ihnen eine analytische Ebene inhärent ist. Jene dient der Erklärbarkeit der Gefühlswelt und gleichzeitig wird das Primärphänomen hierüber auf einer Metaebene abstrahiert. Zudem wirkt sie als Inspiration für die Symbolik, ebenso wie die Gefühlswelt als Primärphänomen zum Sekundärphänomen der Darstellung modifiziert wird. Und so verweisen die unterschiedlichen Materialien und Ebenen letztlich darauf, dass auch das Innere fragmentarisch ist. Sie sind Ausdruck von dessen Diversität.

Raum und Zeit stellen gleichermaßen extrinsische Faktoren der Manifestation des menschlichen Daseins dar. Die Werke hingegen bewirken eine intrinsische Manifestation. Mittels der Kunst wird die Existenz von Raum und Zeit gelöst. Nicht mehr der Schmerz und die Leere sind präsent, das Subjekt verortet sich selbst im absoluten Kontext des Universums. Seine Präsenz ist unendlich, zeitlos, universal.
Die Unendlichkeit des Universums als Inspiration oder freier Fall, Leere und Schmerz als initiales Moment oder Bedrohung, Fortschritt oder Verfall der Zivilisation? Somewhere… Sometime!